Neue Rechtsprechung

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01.09.2023

Aufbewahrung von Waffen und Waffenschrankschlüsseln


Besprechung des Urteils des OVG Münster vom 30.08.2023, Az. 20 A 2384/20


Der 30.08.2023 war für die meisten Bürgerinnen und Bürger ein Tag wie jeder andere auch; ein kühler Endsommertag. Für die fast eine Million legalen Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer war er hingegen ein entscheidender Tag. Durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 30.08.2023, Az. 20 A 2384/20) in Münster wurde eine langjährige Gesetzeslücke im Waffenrecht mit Leben gefüllt. Sie führt einerseits zu mehr Rechtssicherheit, anderseits nun auch zu strengeren Anforderungen bei der Aufbewahrung von Waffenschrankschlüsseln.


Die aktuelle Rechtslage der Waffenaufbewahrung


Die Aufbewahrung von Schusswaffen richtet sich nach § 36 WaffG, § 13 AWaffV. In den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz (WaffVwV) wird der § 36 WaffG dann kleinteilig erläutert. Dadurch haben die Anwender der Vorschrift, sei es Behörden oder Waffenbesitzer, eine gewisse Richtlinie.


Aufhänger der Entscheidung des OVG Münster


Das OVG Münster hatte nicht originär über die Aufbewahrungsvorschriften zu entscheiden, sondern, ob einem Jäger aus Duisburg die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen werden durfte. Der Grund: Unzureichende Aufbewahrung des Waffenschrankschlüssels. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist schnell erzählt:


Während seines Urlaubs wurde beim Jäger eingebrochen und es wurde aus dem unbeschädigten Waffenschrank zwei Kurzwaffen und Munition gestohlen. Der Waffenschrank entsprach hierbei dem gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandard. Die Schlüssel zu diesem Waffenschrank bewahrte der Jäger in einem etwa 40 Kilogramm schweren, dick- und doppelwandigen Stahltresor mit Zahlenschloss auf. Dieser genügte aber nicht dem gesetzlichen Sicherheitsstandard für die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition. Das Polizeipräsidium Duisburg widerrief daraufhin die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Jägers. Dieser griff den Widerruf an, verlor in erster Instanz und war nun in der Berufungsinstanz erfolgreich. Nach Ansicht des OVG Münster waren die Voraussetzungen für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht gegeben. Der Jäger sei trotz unsachgemäßer Verwahrung des Schlüssels waffenrechtlich nicht unzuverlässig.


Exkurs: Widerruf der Zuverlässigkeit


Die Waffenerlaubnis ist nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Behörde hat hierbei keinen Ermessensspielraum! Nun schauen wir, wann eine Erlaubnis zu versagen ist. § 4 WaffG definiert die Voraussetzungen für eine Erlaubnis. Eine dieser Voraussetzungen ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffenG der Besitz der erforderlichen Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen jedoch nicht, wenn bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren werden, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG. Auch hier haben die Behörden grundsätzlich keinen Ermessensspielraum, da es sich nach § 5 WaffVwV um einen Fall der absoluten Unzuverlässigkeit handelt. Die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist dabei eine auf Tatsachen gestützte Prognose über ein zukünftig spezifisch waffenrechtlich bedenkliches Verhalten.


Entscheidung des OVG Münster


Das OVG Münster hat die Zukunftsprognose jedoch anders als das Polizeipräsidium eingeschätzt. Nach Ansicht des OVG Münsters hat der Jäger „in der Vergangenheit objektiv gegen die gesetzlichen Anforderungen an einer sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen und Munition verstoßen, indem er die Schlüssel zum Waffenschrank in einem Tresor mit einem unzureichenden Sicherheitsstandard aufbewahrt hat.“ Und nun der entscheidende Satz: „Denn die Schlüssel zu einem Waffenschrank sind in einem Behältnis aufzubewahren, das seinerseits den gesetzlichen Sicherheitsstandards an die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition entspricht.“ Dem genügte der Tresor des Jägers nicht.


Fehlende Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung


Dieser objektive Sorgfaltsverstoß rechtfertigt aber ausnahmsweise keine Unzuverlässigkeitsprognose, so das OVG Münster. Dem juristischen Laien muss sich nicht aufdrängen, dass der Aufbewahrungsort des Waffenschrankschlüssels den gleichen Sicherheitsstandard entsprechen muss, wie der Schrank, der durch den entsprechenden Schlüssel geöffnet wird. Das OVG Münster kann sich hierbei auch eine Spitze an den Gesetzgeber nicht verkneifen, mit dem Hinweis, dass es lebensfremd sei, dass ein Waffenbesitzer stets die tatsächliche Gewalt über die Schlüssel ausüben kann. Dieser Einwand ist mehr als berechtigt, da der Gesetzgeber, trotz einer Vielzahl an Hinweisen in der WaffVwV, einen Hinweis, wie der Schlüssel zu einem solchen Behältnis aufzubewahren ist, missen lässt. Ebenso sei das Urteil des OVG Münster das erste, das sich mit einer solchen Problematik beschäftigt. Daher waren bis dahin keine Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gegeben, an denen sich Waffenbesitzer „hätten orientieren können und müssen“. Im Übrigen hat der betroffene Jäger mit dem 40 kg Stahltresor Vorkehrungen getroffen, die geeignet gewesen sind, einen Zugriff durch unbefugte Dritte zu verhindern, jedenfalls nicht unerheblich zu erschweren. Daher ist ein gröblicher Verstoß gegen waffengesetzliche Bestimmungen nicht anzunehmen.


Konsequenzen aus dem Urteil und Handlungsempfehlungen


Das Urteil des OVG Münsters ist stringent und in sich stimmig. Es gibt allen Waffenbesitzern Rahmenbedienungen hinsichtlich der Aufbewahrung von Waffen. Nun ist klar, dass alle Tresorschlüssel nicht mehr unterm Bett, im Nachtschrank oder in einer Schublade versteckt werden dürfen. Die Schlüssel müssen so, wie dessen Inhalt geschützt werden, d.h. der Schlüssel eines WI-Schranks mit sechs Kurzwaffen darf nicht in einem W0-Schrank unter 200 kg ohne Verankerung gelagert werden. Das Urteil lässt jedoch aber auch Fragen offen. Wie ist es bei Grenzfällen? Wenn es im obigen Beispiel keine sechs, sondern nur zwei oder drei Kurzwaffen sind. Reicht dann ein W0-Schrank zur Aufbewahrung? Und wie ist es bei den Schränken, die noch Bestandsschutz genießen. Darf ich einen Tresorschlüssel eines WI-Schrankes in einem A- oder B-Schrank lagern? Eine klare Aussage findet man zurzeit leider nicht.


Nach meiner Einschätzung sollte man den Schlüssel stets so sichern, als ob die zu schützenden Dinge sich selbst im Tresor befinden. Die absolute Sicherheit gibt jedoch bloß die Lagerung in einen identischen Schrank; oder ein Tresor ohne Schlüssel, jedoch mit Zahlenschloss. Wobei ich Ihnen den Beschluss des VGH München vom 20.04.2023 – 24 CS 23.495 nicht verschweigen möchte. Sorgfaltswidrig und in der Konsequenz unzuverlässig ist man bereits dann, wenn das eigene unveränderte Geburtsdatum oder des eines anderen Haushaltsangehörigen als Zahlenkombination für einen Waffenschrank verwendet wird, auch wenn alle Mitglieder der häuslichen Gemeinschaft auf den Waffenschrank zugreifen dürfen.


Im Ergebnis ist zu sagen, dass dieses Urteil helfen wird, das Waffenrecht in Deutschland auszulegen und Unsicherheiten verringert. Es beschreibt die Voraussetzungen an die Aufbewahrung von Schlüsseln für Waffenschränke und zeigt auf, dass bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers die Gesamtumstände in Blick genommen werden müssen. Auf was Sie sich jedoch nicht mehr berufen dürfen, ist, dass Sie nicht wussten, wie man den Schrankschlüssel aufbewahren musste. Denn nun existieren die Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und diese müssen, durch uns Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer, beachtet werden.


Zur Pressemitteilung des OVG Münster 

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